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Tai:
Ich kenne diese "Schritt-auf-der -Bergesspitze"-Metapher als Synonym für das tatsächliche Loslassen des begrifflichen Denkens. Der Schüler hat schon alles verstanden und gibt auf jede Frage die perfekte Antwort - auf diesem Weg geht's nicht mehr weiter; er ist schon ganz oben. Jetzt muss er noch einen Schritt weiter gehen, heißt, sich tatsächlich einlassen auf diesen (ewigen) Augenblick vor dem Denken.
du fragst, ob es die Möglichkeit gibt, nicht zu denken und wie man es erreichen kann.
Eine wichtige Frage, finde ich. Doch warum sollte man es überhaupt versuchen?
Zen-Meister O-Baku (chin. Huang Po, Lehrer von Zen-Meister Rinzai) sagt:
{k}"Der Eine Geist (das, was du bist) ist Buddha. Es gibt keinen Unterschied zwischen Buddhas und Lebewesen, nur dass jene an Formen festhalten und die Buddhaschaft im Außen suchen. Durch eben diese Suche aber verlieren sie sie. Denn sie benutzen Buddha, um Buddha zu suchen und den Geist, um den Geist zu erfassen. Und wenn sie ein Äon lang so ihr Äußerstes leisten würden, könnten sie doch Erleuchtung nicht erlangen. Sie wissen nicht, dass sie in genau dem Augenblick, in dem sie ihr begriffliches Denken aufgeben, zum Einen Geist erwachen, der Buddha ist und alle Lebewesen."{/k}
Der Vorsatz, nicht zu denken, ist selbst ein Gedanke, wie du zu Recht schreibst. Dies bedeutet aber nicht, dass man das Denken nicht trotzdem in einem Moment einfach loslassen kann.
Gelingt uns das nicht spontan (bzw. immer wieder), gibt es eine Vielzahl von Methoden dies zu üben. Nach meinem Verständnis laufen alle mir bekannten Methoden des Zen genau darauf hinaus.
Persönlich praktiziere ich mit dem Koan. Ich frage mich z.B. "Wer bin ich?/Was ist dies?". Ich frage es mich die ganze Zeit und gebe mich nicht mit irgendwelchen Gedanken zufrieden, die mir dazu einfallen. Kommt ein Gedanke, frage ich mich weiter "Was bin ich?" bzw. "Was ist es, das diesen Gedanken hat?" Diese Methode ist ein gradliniger Weg in deine Wesenssubstanz.
Aber ist nicht "Wer bin ich?" auch ein Gedanke? In gewissem Sinne ja. Aber als Frage ist es mehr eine Art Ausrichtung deines Bewusstseins, Ausrichtung auf dein eigenes Bewusstsein hin. Eine Frage, die sich auf den Fragenden selbst richtet.
Übst du intensiv mit einer solchen Koan-Frage, dann ist es bald nicht mehr nötig, dass du die Frage als wörtlichen Gedanken "Wer bin ich?" im Kopf formulieren musst. Es ist dann mehr ein nach deiner eigenen Wesenssubstanz fragendes Gefühl. Man kann auch sagen, du hälst die Koan-Frage intuitiv.
Das, was ich hier über das "Was ist dies?"-Koan erklärt habe, funktioniert auch so ähnlich mit dem "Mu (Nichts)"-Koan.
Liebe Grüße
Tai
p.s.: Da ich erst heute dazu kam, deine Frage von Freitag früh zu beantworten, schicke ich dir diesen Beitrag auch als p.m.
danke für diesen gehaltvollen Beitrag, der auch eine überzeugende Einführung ins Zazen ist.
Ergänzend hier noch eine Kurzauslegung der Zeile:
1. Der höchste Weg = Das, was du bist.
2. Nicht schwer = Es ist nicht schwer, zu sein.
3. Ohne Wahl = Nicht an begriffliches Denken gebunden.
zu 1.: Die Wesenheit, die dieses Universum erlebt, ist nicht verschieden, von dem, was sie erlebt. Wer könnte diese Erfahrung tatsächlich erleben, wenn nicht genau du?
zu 2.: Du kannst dich noch so sehr bemühen - zu deiner Qualität, zu existieren, trägt solche Mühe nichts hinzu. Zu glauben, die Buddhaschaft müsse durch besondere Anstrengungen erst noch erreicht werden, bedeutet, die Buddhaschaft im Außen zu suchen.
zu 3.: Im Kern ist Denken Wählen; ohne Denken keine Wahl und ohne Wahl kein Gedanke. Sich vom Haften an das begriffliche Denken zu lösen, bedeutet die Aufgabe des Egos, ein Zustand von "alles ist (nicht mal mehr) eins". Natürlich atmest du dann trotzdem weiter (auch wenn du es vielleicht nicht als "Atmen" begreifen wirst), denkst, wenn gedacht werden musst und tust, was zu tun ist (ohne Anhaftung).
Was für eine erleuchtende Auslegung der hier besprochenen Zeile!
Dem kann ich mich nur anschließen. Ikkyu schrieb weiter oben: "Der höchste Weg ist der Weg deines Geistes, der nicht verschieden ist vom Rest des Universums."
Der höchste Weg ist also, das zu sein, was du ohnehin schon bist: Eine Qualität, die diesseits deines Denkens und Wählens liegt.
Tai:
Zitat Hexe: "Ich übe mich in der Freiheit, nicht zwischen A, B oder C-Klasse zu wählen, sondern darin, zu sein!"
Ein dickes :) von mir!
Zitat Huang Po: "Wenn du zum Einen Geist erwachst, gibt es nichts, was darüber hinaus noch zu verwirklichen wäre: Dies (das, was du bist, was alles ist) ist der {k}wirkliche{/k} Buddha. Ob du dies nun auf einem kürzeren oder einem längeren Weg erreichst - das Ergebnis ist immer ein Zustand des Seins."
erst mal möchte ich dich dazu beglückwünschen, dass du dich auf diese Erfahrung eingelassen hast.
Einfach sitzen und versuchen, an nichts zu denken, halte ich für eine gute Einstiegsmethode. Wer das versucht und dann auch noch sagen kann: "... aber das vostellen an nichts zu denken ist ein gedanke" hat, nach meinem Verständnis, einen bemerkenswerten Start hingelegt.
:)
Was das Atmen betrifft, würde ich versuchen, mir des Atmens bewusst zu bleiben, ohne den Atem allzu sehr zu beeinflussen. Indirekt, intuitiv, aus dem Hintergrund deines Bewußtseins den Atem allmählich entspannter werden zu lassen, ist okay - so dass du vielleicht irgendwann ganz gelöst atmest, sanft und ruhig. Aber ein solches Atmen sollte nicht erzwungen werden, denn dabei verkrampft man sich und kann Oberkörperverspannungen und Herzschmerzen bekommen. Ist dein Atem unruhig, so ist das erst mal auch okay.
beobachte doch ruhig mal eine Schnecke genau. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass Schnecken auf ihre Art auch "denken".
Ein gewisses Missverständnis scheint mir darin zu liegen, dass du das Überschreiten des begrifflichen Denkens offenbar mit Ruhe gleichsetzt. Mal abgesehen davon, dass "Ruhe" selbst eine Vorstellung aus dem Bereich des begrifflichen Denkens ist. Unter "das begriffliche Denken Aufgeben" verstehe ich ein völliges sich Einlassen auf das, was ist. Man könnte es auch "genau-so" nennen. :)
in einer Gruppe mit Zen-Meister habe ich die Erfahrung gemacht, dass wirklich entschlossene und starke Praktizierende häufig nicht aus anderen Zen-Gruppen kamen (wie ich erwartet hatte), sondern oft jahrelang für sich allein praktiziert hatten - meistens anhand von Büchern.
Ein Buch, das ich persönlich ungemein hilfreich finde, ist "Geist des Zen" - Aufzeichnungen von Lehrreden des Zen-Meisters Huang Po (jap. O-Baku).
du fragst, ob es möglich ist, mit 5 min Zazen täglich zur Erleuchtung zu gelangen.
Meine Antwort: Natürlich nicht, denn 5 min sind bei weitem zu lang!
Wann willst du die Erleuchtung denn erreichen, wenn nicht immer genau jetzt? In Genau-Jetzt ist der vergangene Augenblick bereits immer längst vorüber, während der kommende Augenblick niemals schon angefangen hat. Wo willst du da 5 min unterbringen?
Lass es mich noch mal anders sagen: Wenn du nach Hamburg reisen willst, solltest du eine Vorstellung davon haben, wo Hamburg liegt. Wenn Du Erleuchtung erreichen willst, solltest du ungefähr wissen, was du unter Erleuchtung verstehst. ich persönlich verstehe unter Erleuchtung ein ganzheitliches Gewahrsein genau jetzt. Die Ganzheitlichkeit wird nach buddhistischer Auffassung dadurch erlangt, dass der Praktizierende aufhört, an spezifischen Vorstellungen, Gefühlen und Wahrnehmungen anhaftend festzuhalten. Eine solche spezifische Vorstellung (im jetzigen Augenblick) wäre zum Beispiel die Vorstellung von "täglich 5 min" - an welcher natürlich ein ganzes Konzept von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und überhaupt von Zeitlichkeit hängt.
Die Dinge einfach so geschehen zu lassen, ohne an ihnen in Form von Begriffen und Vorstellungen anzuhaften, fällt uns Lebewesen ausgesprochen schwer. Man nennt dies im Zen auch "Loslassen". Ein Loslassen, dass wir üben, indem wir Zazen praktizieren. Auf der einen Seite steht dort also unsere uralte, von Augenblick zu Augenblick fortgetragene Gewohnheit des Anhaftendes und auf der anderen Seite stehen 5 min Zazen. Wenn dir 5 min Zazen ausreichen, dich für immer, von Augenblick zu Augenblick vom Festhalten an Gedanken, Gefühlen und Wahrnehmungen zu befreien - umso besser. Sollte dies aber nicht der Fall sein, so empfehle ich dir, es nicht bei 5 min zu belassen, sondern so viel Zazen zu praktizieren, wie nötig ist und dir gut tut.
okay, okay, I got it. Wie du weiter oben lesen kannst, hat Reiner mich ja bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Oyama kein zweiter Nick von ihm ist. Für mich sah es halt so aus, wobei ich hinzufügen möchte, dass ich es durchaus okay gefunden hätte, wenn er es mal unter einem anderen Nick versucht hätte. Manche Diskussionen und Positionen haben sich hier über die Jahre einigermaßen festgefahren. Was spräche dagegen, mal unter einem neuen Nick zu versuchen, doch noch zu einer Verständigung zu kommen? Wäre doch legitim, oder?
Meine Gründe, meinen Alltagsnamen nicht im Zen.de-Profil zu veröffentlichen, habe ich ein paar Beiträge weiter oben angedeutet. Ich denke auch, dass mein Alltagsname hier nicht wichtig ist. Warum auch? Ich stehe hier nicht für eine bestimmte Gruppe oder Richtung, sondern teile mich lediglich über meine persönlichen Erfahrungen mit. Wenn jemand meine Beiträge unsinnig findet oder nichts damit anfangen kann, ist das soweit schon in Ordnung für mich.
du schreibst: "es würde meine art der offenheit widersprechen unter einem anderen nick im forum zu schreiben."
Macht Sinn für mich, besonders, da du ja zu denen gehörst, die ihre Identität hier von Anfang an offen dargelegt haben. Ich persönlich habe das zwar nicht getan, allerdings aus Gründen, die nichts mit diesem Forum, dafür aber mit meiner alten Zen-Gruppe zu tun haben. Man weiß nicht, wer bei zen.de alles mitliest und ich habe kein Interesse daran, alte Wunden aufzureißen, weder bei mir, noch bei meinen Dharmafreunden.
Dass du viel zu tun hast, freut mich und ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.
Groß- und Kleinschreibung ist nicht so wichtig, da bin ich ganz deiner Meinung. Ich frage mich nur, warum du an diesem zusätzlichen Nick festhältst. Na, du wirst deine Gründe haben und für mich ist es okay.
Tai:
Tja, da musst du wohl deiner Natur folgen. Neben Kopfschütteln ob der (scheinbaren) Vergeblichkeit deiner Bemühungen beeindruckt es mich auch immer wieder.
meine Unterstützung hast du. Umso mehr, als ich es selber schon seit langem so handhabe.
Persönlich glaube ich, dass Reiner privat ein ganz cooler Typ ist. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er schon so manchem Menschen geholfen hat. Wenn mich auch {k}zu{/k} positive Erfolgsbilanzen ohne kritische Nebenstimmen immer alarmieren.
Auf Diskussionen, die ich für fruchtlos halte, brauche ich mich ja nicht einzulassen. So hab ich auch kein Problem damit, Reiner zu sagen, wenn mir ein Beitrag von ihm gefallen hat, was durchaus öfter vorkommt.
Zitat: "{k}Es ist sehr schwierig mit diesen beiden umzugehen ...{/k}"
Es erstaunt mich, dass du und Zwerg hier von zwei Personen sprechen. Mal ein Blick auf die Groß- und Kleinschreibung in einem x-beliebigen Beitrag von Oyama:
Zitat Oyama: "{k}Und ich glaube auch noch das Viele menschen diesen Weg gehen, weil die sich Unsterblich machen wollen.{/k}"
Okaaaay, eine Groß- und Kleinschreibung ist hier vorhanden. Allerdings ...
Was das Mitgefühl betrifft, kann ich deine Einstellung verstehen. Und doch möchte ich dem zwei Argumente entgegenhalten:
1. Reiner würde es sicher ablehnen, dass man ihm nur aus Mitgefühl / Mitleid heraus antwortet.
2. Es scheint nicht viel Gutes dabei herauszukommen, stattdessen Verletzungen und ein Fortlaufen unheilsamer Muster.