Cookies helfen uns bei der Bereitstellung unserer Dienste. Durch die Nutzung unserer Dienste erklärst du dich mit dem Einsatz von Cookies einverstanden. Weitere Informationen
Tai:
Ich bin wohl lieber an einem solchen lebendigen Ort als irgendwo, wo alles immer Friede, Freude, Eierkuchen ist. Wahrscheinlich nur eine Frage von Temperament und Vorliebe. Ob die Lehre des Buddha manchmal im Eifer des Wortgefechts deutlicher rüberkommt als in höflich, friedvoll, diplomatisch und zenpolitisch korrekten Gesprächen, weiß ich nicht so genau.
mir geht's, ehrlich gesagt, nicht allzu sehr um bestimmte Begriffe. Und wenn, dann bestimmt nicht in ihrer umgangssprachlichen Bedeutung. Sieh's mal von der humoristischen Seite und versuch dir vorzustellen, wie weit ich damit käme, in Umgangssprache die Praxis mit Koans zu erklären.
Was hier mit Zweifel gemeint ist, kann man ebenso gut "fragenden Geist" nennen, fragen im Sinne von "Sich auf etwas Einlassen" im Gegensatz zu antworten im Sinne von "Ad-Akta-Legen". Ein "Wissen, das nicht der Ebene des abstrakt/verbalen Verstehens entspricht" zulassen? - Ja, das trifft es schon. Mein Lehrer sprach in diesem Zusammenhang mit "Zweifel" auch viel von "lebendigem Zen", ein Zen, das im genau Jetzt offen bleibt für "so wie es ist - diesseits aller Vorstellungen" im Gegensatz zu "toten, endfertigen Vorstellungen". Usw. usf.
Persönlich favorisiere ich keinen dieser Begriffe allzu sehr. Sie alle deuten irgendwie an, worum es geht und sind doch alle wieder voller Widersprüche und voller Raum für Missverständnisse.
Wenn dir die Diskussion um den Begriff "Zweifel" ein wenig ein Gefühl für diese Art Praxis (ich meine die Koan-Praxis) gebracht hat, würde ich mich freuen. Persönlich bin ich sehr von dieser Methode überzeugt, aber ich will sie bestimmt niemandem aufzwingen. Dass jemandem diese Methode oder auch die Art, wie ich sie zu erklären versuche, unverständlich, abgehoben, absurd oder sinnlos vorkommen mag, finde ich legitim. (Und glaub mir, das ist so ziemlich genau die Art und Weise, wie die meisten Menschen tatsächlich auf Koans reagieren - so what? Ist doch ihr gutes Recht.)
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass wir uns hier alle eher fast schon allzu einig sind. Da freut es mich schon, wenn es trotzdem zu solch lebendigen Diskussionen kommt.
Tai:
Ein Schüler kam immer wieder zu seinem Meister mit in harter Praxis und tiefen Erlebnissen gewonnen Antworten auf seine Koanfrage. Doch der Meister wies ihn stets zurück mit dem Hinweis, er läge völlig falsch.
Letztlich bekam der Schüler "den Moralischen". Im Einzelgespräch sagte er: "Ehrlich, ich hab keine Ahnung, was dieses Koan bedeutet."
Der Meister: "Na, endlich geht's mal ein bisschen voran mit dir!"
Hi Sundro,
danke für diesen Thread.
Wenn man die bisherigen Antworten so liest, dann ist es schon erstaunlich, auf was für Widerstände eine auf dem Prinzip des Zweifels aufgebaute Praxismethode doch stößt. Vielleicht ein Hinweis darauf, wie viel leichter es uns fällt, an unser selbst erzeugtes Weltbild zu glauben, statt uns einzugestehen, dass wir im Grunde dieses Leben nicht wirklich verstehen. Die Frage "Wer bin ich?" erscheint den meisten Menschen total absurd. Aber mal ganz ehrlich: Ich verstehe diese (meine?) Existenz hier nicht wirklich. Ich verstehe auch diese Welt inklusive der Paradoxi Raum und Zeit nicht wirklich. Von diesem Eingeständnis ist es für mich nicht mehr weit zum Zweifel. Der Zweifel ist eine natürliche Folge des im Grunde nicht Wissens. Der grundlegende Zweifel (Dai-Gidan) ist letztlich eine Frage radikaler Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.
Tai:
{k}"Behalte sie nicht und gib sie auch nicht auf (lehne sie nicht ab), wohne nicht in ihnen und hafte nicht an ihnen!" (Huang Po Hsi Yün)
"Der Eine Geist (dein Geist) ist nicht an begriffliches Denken gebunden. Erwache zu diesem Geist, statt nach etwas Objektivem außerhalb deines Bewusstseins zu suchen und damit gebunden zu bleiben an Erscheinungen, Übungen, Taten und Gedanken." (eben der)
"Es gibt keinen Unterschied zwischen Buddhas und Lebewesen, nur dass jene an Formen festhalten und die Buddhaschaft im Außen suchen. Durch eben diese Suche aber verlieren sie sie. Denn sie benutzen Buddha, um Buddha zu suchen und den Geist, um den Geist zu erfassen. Sie wissen nicht, dass sie in genau dem Augenblick, in dem sie aufhören, sich mit ihrem begrifflichen Denken zu identifizieren, zum Einen Geist erwachen, der Buddha ist und alle Lebewesen." (eben der){/k}
Schon vielfach angesprochen, deine Frage. Aber für jeden, der tatsächlich praktiziert, immer wieder hochaktuell.
Ich habe den Klang langsam ausgeblendet, dadurch wird er natürlich nicht länger, aber er endet nicht so abrupt. Ich schicke ihn gerne jedem, der ihn haben möchte. Leider geht es nicht über den p.m., da er die mp3 nicht als Bild akzeptiert, auch wenn ich sie auf .jpg umbenenne.
Tai:
p.s.: noch eine provisorische Idee: Wenn du eine halbwegs akzeptable mp3 hast bzw. einen Link dazu, könnte ich sie mit audiacity ausblenden und anschließend zur Verfügung stellen.
Zum letzten Satz: Ich sitze manchmal mit meiner Freundin zusammen; sie praktiziert auch schon seit 12 Jahren. Wir legen vorher fest, wer für die Zeit verantwortlich ist - falls wir eine bestimmte Zeit lang sitzen wollen. Und "the person in charge" verbeugt sich einfach am Ende.
Wie sieht's mit deiner Frau aus? Hat sie kein Interesse an Meditation? (Musst du natürlich nicht beantworten, wenn's dir zu privat ist.)
Tai:
Was du beschreibst, entspricht auch meiner Erfahrung.
Eigentlich ist Zazen doch ein Loslassen. Dennoch sprach zumindest mein Lehrer immer von "control your mind!". Ich finde, diesen scheinbaren Widerspruch aufgelöst in deiner Schilderung. Es bedarf einer geistigen Kontrolle, um "nicht mehr der Sklaverei von Gedanken und Gefühlen ausgeliefert zu sein".
Ich sag's noch mal anders: Im Zazen müssen wir gar nichts tun. Aber gerade das fordert unsere volle Aufmerksamkeit. Denn de facto neigen wir dazu, auch im Zazen die ganze Zeit etwas zu tun, nämlich Vorstellungen, Gedanken, Tagträume, Erinnerungen, Assoziationen etc. entstehen zu lassen, ihnen zu folgen und mit ihnen zu spielen. Wer behauptet, "beim Zazen ist mein Geist einfach nur leer, sonst nichts" ist entweder ein Zenmeister (eher unwahrscheinlich!) oder aber (sehr viel wahrscheinlicher!) einfach noch nicht an dem Punkt angelangt, wo er die ununterbrochene Tätigkeit seines eigenen Geistes wirklich wahrnimmt.
zum Thema, dass die Zen-Praxis nach dem Sitzen nicht aufhört, haben mipooh und so-so ja schon alles Wichtige gesagt.
Ein klarer Anfang und ein klares Ende des Zazens (im Sinne von "Zen im Sitzen") macht es uns leichter, den Alltag bzw. den Alltag betreffende Gedanken während der Sitzpraxis loszulassen. In Zen-Gruppen sind die Sitzperioden zeitlich festgelegt, meist zwischen 30 und 50 Minuten und von Perioden der Gehmeditation unterbrochen.
Etwa neun Jahre lang war ich in einer Zen-Gruppe verantwortlich für das (zeitlich und formal) korrekte Beginnen und Enden des Zazen. Dazu gab es ein traditionelles akkustisches Instrument. De facto hatte ich eine Uhr in meinem Blickfeld, allerdings nicht im Focus, sondern genau soweit darunter, dass ich die Uhrzeit gerade noch grob erkennen konnte, ohne die Augen bewegen zu müssen - in allen mir bekannten Zen-Schulen wird mit offenen bzw. halboffenen Augen praktiziert. Mit der Zeit lernte ich, mich von der Uhr nicht allzusehr ablenken zu lassen. Das wäre also Methode Nr.1: Mit Uhr.
Nr.2 könnte ein Wecker, eine Zeitsteckdose oder ähnliches sein.
Nr.3: Du setzt dich hin, ohne vorher festzulegen, wie lange du sitzen willst. Dann wirst du allerdings während deiner Übung immer wieder vor die Entscheidung gestellt: Soll ich jetzt aufhören oder weitermachen? Vermutlich wirst du tendenziell dann eher aufhören, wenn es schwierig wird (Schmerzen, geistige Unruhe, viele Gedanken an das, was du als nächstes tun willst etc.). Die Erfahrung lehrt allerdings, dass man oft gerade nach solchen Phasen, in denen es schwer wird, plötzlich sehr gut in die Praxis findet. Auf einmal ist man hellwach und klar, auf einmal sind die Schmerzen in den Beinen weg etc.
In jedem Fall empfiehlt es sich, vor dem Sitzen sanfte Bewegungen im Sitzen, wie "Finden der Balance", sanftes Dehnen, Schulterkreisen, Arme Strecken, Oberkörper leicht nach rechts, links und vorne beugen etc. auszuführen. Unbedingt solltest du dies nach dem Sitzen tun - hilft übrigens auch gegen eingeschlafene Beine (die an sich kein gravierendes Problem sind und kein Grund sein sollten, das Zazen abzubrechen) und gegen angespannte Hüftmuskulatur. Bevor du aufstehst, kannst du dann ruhig auch die Beine ausstrecken.
Nach langem Sitzen plötzlich aufzuspringen, ist ungesund und nicht ungefährlich.
Tai:
Was für ein erbärmlicher Trickser ist doch dieser Hokyo Zanmai!
Natürlich sind sie nicht getrennt voneinander, denn Trennung und Verschiedenheit entsteht nur durch mein eigenes Denken. Natürlich sind sie auch nicht Eins, denn auch das ist nur eine Vorstellung, die mit der Soheit der Dinge nichts zu tun hat.
Ich behaupte nicht, dass es darum ginge, das, was ich gerade geschrieben habe, zu verstehen. Aber wenn man es verstanden hat, dann ist das genau der Zeitpunkt, gemeinsam mit den Vorstellungen von "Eins" oder "verschieden" das begriffliche Denken abzuwerfen, um sich auf die Soheit einzulassen. Auf das, was ist, diesseits aller Vorstellungen davon.
Und da kommt nun Schulmeister Hokyo Zanmai daher und erklärt uns das relative Verhältnis zwischen Nähe und Identität, zwischen Vereinigung und Selbstverständnis! Na, das passt ja wunderbar in unser westliches Denken. Und wenn dann auch noch lyrische Bilder wie der "weiße Reiher" drin vorkommen und ein japanischer Name druntersteht - klar, dann {f}muss{/f} es ja Zen sein.
Die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Sympathien sich selbst gegenüber hinter einer "bescheidenen" Haltung zu verbergen (denn: "Eigenlob stinkt ja!"), lässt auf ein großes Ego schließen.
Tai:
Nein, ich würde ihn auch nicht empfehlen, zumal er selbst ja mittlerweile ganz abgekommen ist vom Zen. Sein letztes (?) Zen-Buch (?) ist eine bitterböse Abrechnung mit Zen-Meistern und Lehrern, die er im Laufe seines Lebens getroffen hat. Wenn man in das Buch so reinliest, hat man nicht unbedingt den Eindruck, dass bei ihm schon allzu viel abgebröckelt ist. Aber im Wasser kann sich so ein Korken ja auch ganz schön vollsaugen und aufquellen - um bei der Metapher zu bleiben.
Tai:
Hört sich wirklich etwas plakativ an, die Story.
Doch mal abgesehen davon: Wodurch verliert das Ego an Bestand? Ich würde sagen, dadurch, dass du es schaust. Dies bedeutet natürlich nicht, über das Ego / deine Persönlichkeit nachzudenken, sondern dich selbst in deinen Gedanken zu erkennen - was gleichzeitig den Gedanken so ziemlich den Wind aus den Segeln nimmt.
Tai:
Zitat Zentrino: {k}"Das Denken als eine ruhige Präsenz, ein Denken losgelöst vom Gedachten, losgelöst von richtig oder falsch. Der Inhalt, die Form der Gedanken sind leer ..."{/k}
Hallo Zentrino,
absolut.
Übrigens ist dies auch, was ich unter (Zen im) Sitzen verstehe oder (Zen im) Gehen oder (Zen in der) Forums-Aktivität. Wo sollte da ein Widerspruch liegen - abgesehen davon, dass ich es noch nicht mal im Sitzen wirklich schaffe, erst recht nicht im Gehen und noch weniger in der Forums-Aktivität? Aber schließlich sind wir ja hier auch nicht bei zenmeister.de (auch wenn sich's manchmal so anhören mag :).