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Tai:
Ja, genau. Solch eine Idee (sich durch den Verzicht auf Schokoladeneis dem Dharma zu nähern etc.) ist nach meinem Verständnis genau das, was Genuss und Achtsamkeit im Wege steht. Zwischen einfach nur genießen und einfach nur achtsam sein, kann ich dagegen gar keinen Unterschied wahrnehmen.
dass es sinnvoll ist, von einem Ich oder von Schokoeis zu sprechen, bestreitet glaube ich auch niemand, auch Huang Po nicht; im Gegenteil, er tut es ja. Aber wenn man sich fragt, was dieses Ich ist, wird man - wie du ja selber andeutest - sich wohl ehrlich eingestehen müssen, dass man es nicht wirklich weiß. Ebenso ist die Vorstellung von Eisessen etwas völlig anderes als das unmittelbare Erlebnis. Einfach nur essen und einfach nur sitzen u.s.w. bezeichnet einen Zustand der Soheit, in dem derartige Vorstellungen von essen oder sitzen komplett aufgegeben sind. Nur in diesem Sinne sprach ich von Anhaftung, solange da "Schokoeis" von "mir" "gegessen" wird - was nach meinem Verständnis der Knackpunkt in dragons Eingangsfrage ist.
Aber wenn jemand in einem solchen Zustand der Soheit gefragt würde: "Was machst du da?" wird er sicher sofort antworten: "Ich esse ein Schoko-Eis." Da bin ich völlig deiner Meinung.
du schreibst: "Wer sollte da aufmerksam sein, wenn nicht ein Ego?"
Dragons Frage würde ich gern mal so zuspitzen: Gibt es im Einfach-Nur-Gewahrsein Vorstellungen wie etwa "ich esse ein Schoko-Eis"? Oder Vorstellungen wie "es ist ja eigentlich das Ego, das gewahr ist"?
So wie ich Buddha verstehe, sagt er nicht etwa, es gäbe kein Ego oder es sei falsch, ein Schoko-Eis zu essen. Was er allerdings z.B. im Diamant Sutra sagt, ist: "Ein Bodhisattwa vermeidet es, die vier Arten von Vorstellungen aufkommen zu lassen, nämlich die Vorstellung von einem Selbst (ich, Ego, innen), die Vorstellung vom anderen (du, außen), die Vorstellung vom Lebewesen (für sich existierende Wesen, Raum), die Vorstellung von einer Lebensspanne (Zeit, Entwicklung, Werden und Vergehen)."
Huang Po: "Könnte der Mensch nur erkennen, dass die körperliche Welt, Gefühle, Gedanken, Wollen und Bewusstsein leer sind und kein Ich bilden!"
Diesseits des unterscheidenden Denkens sind Genuss und Achtsamkeit nicht verschieden voneinander, stehen sich nicht im Weg und bedeuten nicht, vom Dharma entfernt zu sein (um hier noch mal kurz auf die Eingangsfrage einzugehen).
auf meine Äußerung: "Das Erlebnis selbst ist natürlich vollkommen frei von diesen (Anhaftungen)" antwortest du: "Wenn die reine Tätigkeit bereits bedeutet darin anhaftend gefangen zu sein ..."
Da fühlt man sich verstanden :).
Ich würde übrigens ganz sicher nicht behaupten wollen, dass Ego oder die sechs Daseinsbereiche etwas Schlechtes seien. Aber da dragons Eingangsfrage ja auf den Dharma bezogen war, wage ich zu gestehen: Ja, nach meinem Verständnis lehrt Buddha die Befreiung aus den sechs Daseinsbereichen. Unsui schrieb weiter oben: "... der höchste Grad der Achtsamkeit ist einfach nur Achtsamkeit ..." Wo wäre denn in einer solchen Aufmerksamkeit noch Platz für so etwas wie ein "Ego"?
Tai:
Ich erlaube mir, hier mal mein eigenes Posting zu zitieren: "Das Erlebnis selbst ist natürlich vollkommen frei von diesen (Vorliebe und Abneigung, Gier, Angst, Zorn - Ego)." Und: "Das Wesen der Achtsamkeit unterscheidet sich vom Wesen des Genusses nicht im geringsten."
nach meinem Verständnis bedeutet ein Schoko-Eis zu essen tatsächlich "anhaftend gefangen" zu sein. Der entscheidende Punkt ist hier das Verstehen des Erlebnisses als etwas (Schoko-Eis, essen, ich, Genuss). Aus diesem Verstehen (auch "ignorance" bzw. "Verblendung" genannt) erwachsen Vorliebe und Abneigung, Gier, Angst, Zorn - Ego.
Das Erlebnis selbst ist natürlich vollkommen frei von diesen. Wie unsui weiter oben treffend sagt: "... der höchste Grad der Achtsamkeit ist einfach nur Achtsamkeit ..." Das Wesen der Achtsamkeit unterscheidet sich vom Wesen des Genusses nicht im geringsten. Doch sobald es um mich, um Schoko-Eis, um Genuss, um den Dharma oder um was auch immer geht, ist es nicht mehr das Erlebnis, sondern Denken - der direkte Weg in die sechs Daseinsbereiche.
Das Schloss und manches sehenswerte Detail der Umgebung hast du toll ins Bild gesetzt. Mit seinen Pseudoburgzinnen und ähnlichem Fassaden-Schnickschnack ist das Schloss tatsächlich eine architektonische Kuriosität wie sie wohl nur das neunzehnte Jahrhundert hervorgebracht hat. Vom Wasser aus - ich bin in der Gegend häufig mit dem Kajak unterwegs - sieht das Schloss aus wie eine gigantische Burganlage. Doch von innen ist es winzig klein. Kaum das Format einer mittelgroßen Villa hatte das Grundgebäude - irgendwas um vier durchschnittlich große Zimmer im EG und noch mal dasselbe ein Stockwerk höher. Ein schmaler Anbau hat das Ganze nachträglich noch mal geringfügig vergrößert. Als Sommersitz des Prinzen Wilhelm (später Kaiser Wilhelm der I.) musste es natürlich repräsentieren und stellt somit auch wiederum eine Meisterwerk der "Fassaden"-Architektur (im übertragenen Sinne) dar.
Solltest du noch mal in der Gegend sein, empfehle ich dir die Sacro-Kirche in einem genialen Landschaftspark inklusive tausendjähriger Eiche auf der gegenüberliegenden Uferseite.
Dharmarede aus dem ersten Video (beim Übersetzen von mir geringfügig zusammengefasst):
"Wir nehmen die Welt mit unseren Augen, Ohren, Nase, Mund, all unseren Gefühlen und unserem Denken wahr. All dies vorbeiziehen zu sehen ohne den geringsten Zweifel, ohne die geringste Frage: "Was ist all dies? Was passiert hier eigentlich?" bedeutet wie in einem Traum zu leben. Solch eine Frage, solch einen Zweifel zu haben, ist für Menschen absolut naheliegend; es ist der natürliche Zweifel des Menschen.
Diese ständigen Eindrücke und Wahrnehmungen - wir lassen sie ziehen, wir lassen sie fallen, wir folgen ihnen nicht mit unserer Aufmerksamkeit. Und wie uns das gelingt, erkennen wir direkter, was dasjenige ist, das all dies erlebt; dasjenige, das alle Dinge wahrnimmt. Ein schlichtes, einfaches und direktes Leben ist am besten geeignet, eine solche Praxis durchzuführen.
Es ist wie in einem Traum, in dem du plötzlich merkst: Moment mal, hier stimmt doch was nicht, dies ist nur ein Traum. Und das ist genau der Punkt, an dem die Leute hier in unser Kloster kommen. Sie erkennen ihr Leben als Traum und sie wissen, dass sie ihre Selbstnatur nicht unmittelbar schauen können, solange sie verstrickt sind in diesen Traum.
Es ist von äußerster Wichtigkeit, aus diesen Traum zu erwachen."
Tai:
unsui: "...was ich verstanden habe, weiß nur ich..."
Stimmt.
Danke für die Übersetzung, sie entspricht ungefähr der, die ich kenne. Interessant finde ich die Aussage: Durchs Schauen der Leerheit der fünf Seinsbestandteile (Skandas) "befreit er alle, die leiden." In der mir bekannten Version heißt es: "... ist er befreit von allem Leiden", womit ich nicht sagen will, dass ich die obige Version weniger plausibel fände.
da hast du offenbar mal wieder etwas nicht verstanden.
Gewahrsein löst nicht nur Karma auf, es ist sogar der einzige Weg, Karma aufzulösen. Es besteht kein Widerspruch zwischen Tun und Gewahrsein, weshalb Helmut weiter oben den Begriff "bewusstes Tun" verwendet hat.
Statt hier das Herzsutra in japanischer Lautschrift zu posten, solltest du dich vielleicht lieber mal mit dem Inhalt dieses Textes befassen. Denn da steht's ebenfalls drin:
"Avalokitsvara Bodhisattva ... ist gewahr (erkennt), dass alle fünf Skandas leer sind und ist so befreit von allem Leiden."
Bloßes Rezitieren des Sutras - und sei es auch auf japanisch - wird dich da kaum weiterbringen.
ich gehöre da schon eher zu den Leuten, die "auf andere Menschen (auch) mit Aversion, Nervigkeit oder mit Ablehnung" reagieren. Für mich liegt da übrigens nicht unbedingt ein Widerspruch zu dem, was ich oben zu beschreiben versucht habe. Womit ich nicht sagen will, dass Aversion, Genervtheit und Ablehnung jetzt so wahnsinnig der von Buddha gelehrten Haltung entsprechen würden ...
jetzt hab ich mir so 'ne Mühe gegeben, doch noch eine Diskussion mit dir in Gang zu halten (Stichwort: Haarspalterei) - wo unsere beiden Definitionen von Karma doch irgendwie bereits auf's Gleiche hinausliefen (jedenfalls seh ich's so) und da schreibst du auch noch:
"Du hast dann gezeigt, dass meine Geisteshaltung beliebig ist. Deine wiederum (alles als Meins zu definieren) war genauso beliebig.
Da wir beide darüber gewahr sind, bin ich zufrieden :-)"
Wo soll ich denn da noch ansetzen?
Aber mal im Ernst: Ich glaube, ich hab schon verstanden, worauf du hinaus wolltest. Das mit der relativen und absoluten Sicht, war halt so ein etwas missglückter Versuch von mir, es zum Ausdruck zu bringen. Auch das Perspektivische betreffend teile ich deinen Standpunkt, umso mehr, wenn es um Worte, Sprache und gedankliche Konzepte geht.
Dass es sich bei Er-wischt um Ikkyu handelt, ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Ein netter Kerl, wie du schon sagtest - von kleineren Aussetzern wie den an deinem ersten Tag im Forum mal abgesehen.
ja es ist Unfug, da hast du recht. Natürlich gibt es keine "absolute Ebene" oder "relative Ebene". Ein ebenso absurdes Konstrukt ist allerdings dein "Ich" oder die Vorstellung, es gäbe da eine andere von mir unabhängige Person. Was immer ich über das Karma einer anderen Person wissen oder mir vorstellen könnte, ist zwangsläufig "mein" Karma - und zwar genau in dem Sinne, dass solche Vorstellungen oder Wahrnehmungen in einem bestimmten Augenblick mein Bewusstsein ausfüllen. Zu sagen, 'okay, aber davon mal abgesehen, existiert das Karma einer anderen Person ja auch unabhängig von mir', ist auch wieder nur ein weiterer Gedanke von mir. So verstehe ich "Alles ist eins" (und nicht im Sinne eines nervigen Wischi-Waschi-Glaubenssatzes, der einem bei jeder Gelegenheit um die Ohren gehauen wird).
mit deiner Definition von Karma stimme ich vollkommen überein. Ich glaube, sie entspricht übrigens auch so ziemlich dem, was in der Zen-History den Unterschied zwischen der Schule der plötzlichen Erleuchtung und der Schule der stufenweisen Erleuchtung ausmacht.
Auf der relativen Ebene von "deinem" und "meinem" Karma zu sprechen, finde ich auch okay. Doch selbst auf der relativen Ebene wird das Karma des anderen zu "meinem" spätestens, wenn ich anfange, mich belastet zu fühlen, weil [sic] ich es mir antue. Ich weiß, das war jetzt haarspalterisch übers Maß. :)