Hallo an alle! Habe festgestellt, daß hier die Meinungen von vielen über dieses oder jenes Thema
doch auseinandergehen. Gar manchmal habe ich das
Gefühl, daß recht heftige Diskussionen ausbrechen.
Möchte hier mal auch besonders die "Zen-Neulinge" ansprechen, zu denen ich mich auch zähle.
(Beschäftige mich zwar schon so ein paar Jahre mit
dem Thema, aber halt nur mehr oder weniger aus dem
Buche. Will aber ernsthaft versuchen, Zazen zu
praktizieren). Welche Erfahrungen habt Ihr so gemacht?
Also, was mich besonders anspricht, ist das
Prinzip von "Hier und Jetzt"; Denke, das ist der
Schlüssel zum Verstehen und zum Lösen von vielen
Schwierigkeiten. Die Einfachheit dieses Prinzips ist doch das Wertvolle. Und dazu muß man kein
Gelehrter sein. Denke doch, daß jeder das verstehen kann (Sofern er sich dafür öffnet!)
Also Leute, darf ich das Forum nun so als "Supervison in Sachen Zen" verstehen, oder liege ich da eher falsch?
Wie gesagt, Antworten von Leuten, die auch noch nicht so lange dabei sein, würden mich sehr interessieren, aber die ein oder anderen "Erleuchteten" dürfen sich natürlich auch gerne zu Wort melden!
Grüße
ja, gerade in der letzten Zeit ging es hier ziemlich kontrovers her, wobei viele Beiträge ja nicht Zen zum Thema hatten ...
Der Zen Weg, heiß es, sei der höchste Weg und sei die Wahrheit, das scheint Menschen dazu zu verleiten, anderen zu erklären, was Zen ist.
Da kann es schon zu heftigen Diskussionen kommen.
Zwar bin ich "schon lange dabei" aber ich hoffe, ich bin Anfänger genug geblieben.
Du fragst nach Erfahrungen mit zazen, also dem Sitzen. Schwierig zu beschreiben, es wäre leichter dir etwas zu erzählen, wenn du konkrete Fragen stellen würdest.
Ich übe Shikantaza, das heißt, ich übe nur sitzen. Davon hast du vielleicht schon gelesen. Das hat nichts mit Koans zu tun, nichts mit Meditation, nichts mit Erleuchtung sondern nur sitzen, Wert- und Zweckfrei. Und Atmen. Wenn das geht, dann ist es das Hier und Jetzt, das dir so interessant erscheint. Da macht man im Laufe der Zeit zu viele Erfahrungen, um sie hier mal eben auf zu schreiben.
An welchen Erfahrungen bist du denn besonders interessiert?
Eins ist mir aufgefallen, wenn du versuchen willst Hier und Jetzt zu sein, dann darfst du nicht daran denken. In dem man daran denkt oder sich wünscht, in den Zustand des Hier und Jetzt zu gelangen, verhindert man ihn. Wenn man ihn mal erlebt hat, merkt man es erst hinterher, wenn man ihn wieder verloren hat.
Bin Freitag wieder online, wenn du magst schreib ich dir dann mehr.
liebe Grüße
almaluz
mit "Supervison in Sachen Zen" liegst Du meiner Auffassung nach wirklich falsch. Eines sollte klar sein: dieses Forum kann - auch als Gruppe - keinen Lehrer ersetzen. Selbst wenn Du einem Lehrer von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehst, kannst Du Dich noch immer in ihm täuschen. Wie willst Du einen Scharlatan und Sprücheklopfer hier im Forum erkennen? Wie willst Du wissen, ob der Grad der Verwirklichung, den jemand hier für sich in Anspruch nimmt, zu recht in Anspruch genommen wird?
Es heisst, Buddhas erkennen Buddhas - dem Neuling nutzt dies allerdings nichts. Hat er im realen Leben noch die Chance, die Verwirklichung seines Lehrers anhand dessen alltäglichen Handelns zumindest ein Stück weit zu beurteilen, so fehlt ihm diese Möglichkeit bei den Forumsmitgliedern hier.
Aus diesem Grunde wird es von manchen hier (auch von mir) nicht gerne gesehen, wenn jemand seine Aussagen hier mit irgendwelchen persönlichen "Erfahrungen" legitimieren will. Diese Erfahrungen mögen echt oder zusammenphantasiert sein (literarische Mustervorlagen gibt es genug) - überprüfbar auf ihren tatsächlichen Wert und auf ihre Tiefe sind sie letzlich nur von einem Meister in der persönlichen Begegnung.
Hier im Forum gilt das Wort Wu-yes (Mugô, 760-821). Was auch immer man ihn fragte, seine Antwort war: lass Dich nicht täuschen (maku môzô). Soll heissen, der Austausch hier im Forum kann Deiner Praxis förderlich sein, er kann sie aber auch behindern. Also Vorsicht!
Warum dann überhaupt solch ein Forum? Dazu noch ein Zitat, diesmal von I-tuan:
Sprechen ist blasphemisch
Schweigen ist Lüge
Jenseits von Sprechen und Schweigen
gibt es einen Ausweg
Gasshô,
() Ralf
mach dir keine gedanken, verbrenn deine bücher und setz dich hin alter ...
du schreibst
"...Hat er im realen Leben noch die Chance, die Verwirklichung seines Lehrers anhand dessen alltäglichen Handelns zumindest ein Stück weit zu beurteilen..."
ich glaube nicht mal das (hat er). Yasutani Roshi etwa, hat lautstark nationalistische Sprüche und Hetzkampagnen mehrfach wiederholt von sich gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber bereits ziemlich sicher einen sehr hohen Grad der Erleuchtung erlangt.
lg
sandra
offen gesagt lasse ich mich da nicht gerne verschaukeln. Zen ist das vereinheitlichte Praktizieren von Shila, Prajna und Dhyana (Ethik, Weisheit und Versenkung, um es grob zu übersetzen).
Wenn es bei der Verwirklichung der Shila Defizite gibt, dann stimmt nach meiner bescheidenen Meinung etwas mit dem "sehr hohen Grad der Erleuchtung" nicht. BTW - wie Du sicher gemerkt hast, ziehe ich Begriffe wie 'Verwirklichung' oder 'Erwachen' vor. In der 'Verwirklichung' zeigt sich die Wirklichkeit des Dharma.
Ich mag da irren, aber ich nehme es mir einfach heraus, da meine eigenen Beurteilungsmaßstäbe anzulegen (bessere habe ich nicht) und mich nicht von Zen-Rhetorik und Spitzfindigkeiten beirren zu lassen.
Das von Dir angesprochene 'Charakterproblem' war vielleicht mit ein Anlass dafür, dass Philipp Kapleau seine Schulung abbrach und sich von Sanbo Kyodan trennte. Nur mal so vermutet. Für Aitken, Glassman, Beck u.a. war es wohl kein Problem. Es hängt wohl damit zusammen, wie man mit so etwas umgehen kann - und damit, dass die Qualität eines Zen-Lehrers nicht direkt mit dem Grad seiner Verwirklichung zusammenhängt. Um einiges höher als bei seinen Schülern sollte er allerdings schon sein.
Es gibt hier übrigens einen recht guten Artikel von Xiong Shui zu dem Thema, ich möchte seine Argumente hier nicht im Einzelnen wiederholen.
Freundliche Grüße,
Ralf
wenn du schreibst...
...Wenn es bei der Verwirklichung der Shila Defizite gibt, dann stimmt nach meiner bescheidenen Meinung etwas mit dem "sehr hohen Grad der Erleuchtung" nicht...
dieser Gedanke liegt nahe, ja sehr nahe, und trotzdem glaube ich das nicht (mehr).
Tiefe, ja höchste Erleuchtung und persönliche Entwicklung sind zweierlei und haben meines Erachtens wenig bis gar nicht miteinander zu tun. Beispiele gibt es viele dafür.
Sie sollten ja, das ist aber der sehr seltene Idealfall.
Yamada Roshi sagte dazu: "Ziel unserer Übung ist die Vervollkommnung unseres Charakters und sonst nicht´s.
lg
sandra
Du schreibst:
{k}Tiefe, ja höchste Erleuchtung und persönliche Entwicklung sind zweierlei und haben meines Erachtens wenig bis gar nicht miteinander zu tun. Beispiele gibt es viele dafür.{/k}
Es ist schade, dass der schon erwähnte Artikel Xiong Shuis beim letzten Servercrash im Nirvana verschwunden ist, der Verweis hilft also an dieser Stelle wenig.
Ich stimme Dir insoweit zu, als es wohl keinen direkten Zusammenhang zwischen persönlicher Entwicklung und sog. Erleuchtungserfahrungen gibt. Selbst das größte Arschloch kann zufällig ein Kensho (einen Blick in die wahre Natur des Selbst) erfahren - eben weil es auch keine kausale Verbindung zwischen Erwachen/Erleuchtung und Übung gibt. Die Übung kann allerdings die 'Anfälligkeit' für solche Erfahrungen erhöhen.
Und doch sagt Ma-tsu (und nicht nur er): eben dieser alltägliche Geist {f}ist{/f} Buddha. Dogen sagt, Zazen {f}ist{/f} Erwachen. Mir scheint, Kensho (gleich, ob eines oder viele) ist allenfalls die halbe Miete. Man könnte sagen, dass da der eigentliche Zen-Weg erst beginnt. Es kommt darauf an, diese Erfahrung in das Sein zu integrieren, bis es da keine Inkongruenz mehr gibt, keine Spur mehr (und schon gar kein 'Gestank') von Erleuchtung. Erst dies würde ich höchste, vollständige Verwirklichung, anuttara samyak sambodhi, nennen - und vielleicht wird hier auch deutlich, warum ich den Begriff 'Verwirklichung' vorziehe. Dann manifestiert sich der achtfache Weg Buddhas ohne Einschränkungen - als Prajna, als Dhyana und auch als Shila.
Das, dieses Integrieren, ist das Reiten das Ochsen, seine Zähmung - oder auch das Arbeiten an Tung-shans 'fünf Graden' (Go-I). So verstehe ich auch Dein Zitat Yamada Roshis. Yasutani Roshi hatte wohl einen fetten Ochsen gefangen (und war sicher ein großartiger Lehrer), aber beim Reiten warf ihn der Ochse wohl gelegentlich noch ab.
Gasshô,
Ralf
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
Doch vielleicht bin ich nicht der einzige, der in
seinem Bekanntenkreis eben keine/fast keine Leute
kennt, die sich mit Zen beschäftigen. So gesehen, ist doch dieses Forum eine gute Sache, um sich über das ein oder andere auszutauschen. Freilich
wird es schwierig, wenn verschiedene Auslegungen von ein und demselben Thema "aufeinanderprallen".
Ich denke auch, wenn jemand weiß, daß Zen ein guter Weg ist, dann wird er sich auch von keinem
"falschen Lehrer" oder "Scharlatan", wie du sagst,
irreführen lassen.
Was ich damit zusammenfassend sagen möchte ist, daß es hier sicher so einige Mitglieder gibt, die
Zen recht gerne praktizieren und im "Real-Life"
keiner Gruppe angehören oder jemand kennen, der Zen praktiziert. (So ergeht es mir ja selbst)
Aus diesem Grund finde ich es ok, mal über die ein oder andere Erfahrung zu sprechen. Ich meine damit so kleine, angenehme Dinge des alltäglichen Lebens, die man bestimmt mit Hilfe von Zen erfahren kann. Ich erwarte hier von keinem, daß er
hier erzählt, "wie er zur Erleuchtung" gelangt ist.
Aber sich einfach mal ein bisschen austauschen über das, was einem so bewegt, ist doch sicherlich ok!
Gruß
und ich sehe das Forum ähnlich.
Allerdings ist der Begriff der Supervision mit
e i n e m sich um eine Gruppe bemühenden Fachmenschen verbunden. Das Wort triffts nicht so richtig.
Und wenn ich von 'Selbsthilfe' schreibe, dann ist auch das nicht Konsens, fürchte ich.
Wie sehen denn die anderen das?
vielleicht nicht so ganz passend ist. Auch von einer "Selbsthilfegruppe" zu sprechen, wäre wohl
nicht ganz richtig.
Ich denke, daß es im allgemeinen so ist, daß sich
die wenigsten Menschen in unserer Gesellschaft mit
dem Thema Buddhismus/Zen/Spiritualität, wie auch
immer, tiefgreifend auseinandersetzten. Und ich denke mal, die Leute, die hier im Forum posten,
setzen sich mit dieser Thematik auseinander.
(Sonst wären sie wohl nicht hier!)
Insofern versuche ich dieses Forum als das zu sehen, was es ist: Ein Gedankenaustausch in und über den Zen-Buddhismus. (Wo natürlich artverwandte Themen auch reinpassen, wie z.B. Buddhismus in Tibet, oder Ähnlichkeiten zwischen europäischen u. fernöstlichen Philosophien. Zen ist meiner Meinung nach ja auch sehr offen im Kontakt mit anderen Religionen bzw. mit anderen Ausrichtungen des Buddhismus)
Also so versuche ich das ganze zu sehen, viel. auch ein paar andere?
Grüße
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
Zusammen mit "Hier und Jetzt" gibt uns diese Aussage doch eine gute Handhabe, um den Kern von
Zen zu erfassen!?
Grüße
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können
das ist ein ganz ganz großes Geheimnis ...
Im Ernst - Soji Enku Roshi ist besser bekannt unter dem Namen Francois-Albert Viallet, von dem es auch zwei Bücher auf Deutsch gibt:
Zen. Weg zum Anderen
ISBN: 3612279793
und
Einladung zum Zen
ISBN: 3530899607
Viallet war mW Schüler Taisen Deshimarus und später von Kosho Uchiyama Roshi, dem Nachfolger Kodo Sawaki Roshis als Abt des Antai-ji.
Jedenfalls hat sich Zensho Kopp in Stil und Inhalt wohl ziemlich weit vom Soto-Zen entfernt; die 'Linie' hat da nach meiner Einschätzung wenig Aussagekraft. Vielleicht 'versteckt' man sie deswegen ein wenig ;-).
Freundliche Grüße,
Ralf
Du musst angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können